Gedichte 1
Das Testament einer Katze
Wenn Menschen sterben, machen sie ein Testament
um ihr Heim und alles, was sie haben
denen zu hinterlassen, die sie lieben.
Ich würde auch solch ein Testament machen
Wenn ich schreiben könnte.
Einem armen, sehnsuchtsvollen, einsamen Streuner
würde ich mein glückliches Zuhause hinterlassen,
meinem Napf, mein kuscheliges Bett,
mein weiches Kissen, mein Spielzeug
und den so sehr geliebten Schoß,
die sanft streichelnde Hand,
die liebevolle Stimme,
den Platz, den ich in jemandes Herzen hatte,
die Liebe, die mir zu guter Letzt
zu einem, friedlichen und schmerzfreien Ende helfen wird,
gehalten im liebenden Arm.
Wenn ich einmal sterbe, dann sag bitte nicht:
„Nie mehr werde ich ein Tier haben,
der Verlust tut viel zu weh!“
Such dir eine einsame, ungeliebte Katze aus
und gib ihr meinen Platz.
Das ist mein Erbe.
Die Liebe, die ich zurücklasse ist alles,
was ich geben kann.
Margaret Trowton
In ihren Augen
In ihren Augen liegt ein Fragen fremd,
ein staunendes Nichtkennen, Nichtgekanntsein,
ein trauriges, vereinsamtes Verbanntsein,
ein wehes Wundern, das ihr nicht vernehmt. . .
Und so versuchen immer wieder weich
sie eure Seele in geheimen Singen
ihr aber tut mit ihnen wie mit Dingen,
und eure Welt ist fern von ihrem Reich!
Max Herrman Neiße
Nein, Du kleiner Streuner!
Nein, nie mehr wieder, kleiner Streuner!
Wo du jetzt hockst, sass vor dir einer,
durchnässt, durchfroren, spindeldürr
und ich nahm ihn hinein zu mir.
Aus Mitleid, wie mir scheinen wollte,
doch wie sich sehr bald zeigen sollte,
sprach er in meinem Hause Recht,
und ich war seines Charmes Knecht.
Mit Schnurren und mit Rosenpfoten
hat er mir manchen Dienst geboten,
die Möbel sind nach Katzensitte
verziert, und meines Bettes Mitte
war seines Schlummers Platz im Warmen.
Ich barg ihn scheu in meinen Armen.
Er barst vor Stolz und Dominanz,
und was er wollte, nahm er ganz.
Und was ich liebte, fand er köstlich.
Und als er starb, war ich untröstlich.
Und jetzt glaubst du, du kleiner Lurch,
ich mach das alles nochmals durch?
Nie mehr im Leben! Niemals! Nein!
Na, wein doch nicht, und komm schon rein..
Es ist ...
Es ist eine wunderbare Gabe,
durch das einzige Wörtchen "Miau"
Freude, Schmerz,
Wonne und Entzücken,
Angst und Verzweiflung,
kurz alle Empfindungen
und Leidenschaften auszudrücken.
Was ist die Sprache der Menschen
gegen dieses einfachste aller einfacher Mittel,
sich verständlich zu machen!
E.T.A Hoffmann, deutscher Erzähler
Die Sphinx
In einer Zimmerecke wacht,
schon länger, als ich denken kann,
die schöne Sphinx und schweigt mich an
im Wechselspiel von Tag und Nacht.
Ganz ungerührt und unbewegt
verharrt die finstere Gestalt.
Der Silbermond, der lässt sie kalt,
selbst Sonnenschein sie nicht erregt.
Der Himmel rötet sich und bleicht,
die Flut des Mondlichts
steigt und sinkt.
Der Dämmerung es nicht gelingt
und auch der Nacht nicht,
dass sie weicht.
Die Zeit verrinnt, Nacht folgt auf Nacht,
und immer noch die Katze träumt;
mit sanften Augen, goldgesäumt,
hält sie auf ihrem Teppich Wacht.
Sie ruht, ihr Katzenauge starrt,
und zu den spitzen Ohren drängt
Das Nackenhaar, mit gelb gesprengt;
das braune Fell ist seidenzart ...
Mein träger Liebling, komm heran,
und leg den Kopf mir in den Schoss,
Damit ich dir den Nacken kos'
und deinen Samtleib streicheln kann ...
Oscar Wilde
Hoffnung
Hoffnung
ist nicht die Überzeugung,
dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit,
dass etwas Sinn hat,
egal wie es ausgeht.
Vaclav Havel
Engel können ...
Engel können als höhere Wesen,
selbstverständlich Gedanken lesen.
Was mich nicht weiter beeindrucken kann,
auch Katzen denken einander an.
Engel, das ist nicht zu bestreiten,
sehen in andere Wirklichkeiten.
Auch das erstaunt mich nicht unsäglich,
Katzen machen das tagtäglich.
Und Engel bringen, so wird erzählt,
bisweilen Erleuchtung, sofern sie wem fehlt.
Wer öfter mit seiner Katze spricht,
braucht zum Begreifen die Engel nicht.
Engel können dank guter Nerven
bei Bedarf einen Blick in die Zukunft werfen.
Das ist für Katzen auch nicht schwer,
sie wissen vieles auch vorher.
So sicher, wie Tiger brüllen und Tauben gurren,
haben Engel vier Pfoten und schnurren.
Auch haben Katzen den Engeln etwas voraus.
Man trifft sie öfters an zu Haus.
Alle beide ...
Alle beide, Katze und Hund
sind reich an Tugenden und Talenten,
doch der Hund hat ein Talent zuviel:
Er lässt sich dressieren.
Und er hat eine Tugend zu wenig:
Er ist ein Tier ohne Geheimnisse
Erich Kästner
Das Leben ...
Zum Fressen geboren, zum Kraulen bestellt, in Schlummer verloren gefällt mir die Welt.
Ich schnurr' auf dem Schoße, ich ruhe im Bett, in lieblicher Pose, ob schlank oder fett.
So gelte ich allen als göttliches Tier, sie stammeln und lallen und huldigen mir;
liebkosen mir glücklich Bauch, Öhrchen und Tatz - ich wählte es wieder, das Leben als Katz!
Goethe
"Die Bibel verschwendet nicht einen einzigen Satz an die Katze."
Die verrücktesten Tiere tauchen darin auf,
von der sprechenden Schlange bis zum menschenfressenden Wal,
aber Katzen?
Fehlanzeige!
Kein Wunder, dass den Kirchen die Leute haufenweise davonlaufen.
Wer liest schon gerne ein Buch, in dem keine einzige Katze vorkommt?"
Midas Dekkers
"Katze in Pflege"
Ich rief deine Katze.
Sie kam nicht.
Ich befahl deiner Katze.
Sie gehorchte nicht.
Ich schrie deine Katze an.
Sie wandte sich ab.
Ich lockte deine Katze.
Sie blieb weg.
Erst als ich schwieg vermochte ich zu hören:
Das Locken deiner Katze.
Das Rufen deiner Katze.
Das Fordern deiner Katze.
Das Schnurren deiner Katze.
Nun habe ich dir so viel zu erzählen.
Robert Gernhardt