Kater Kimba
Kimbas Fell
Samstagabend, der 17. Mai 2003, war es als uns die Nachricht über eine „kranke“ Katze erreichte. Die Meldung kam über eine Dame, in deren Schrebergarten wir schon etliche Wildlinge kastriert hatten und nun war bei der Tochter am Wohnhaus ein Brauntiger aufgetaucht, der übel aussah, immer apathischer wurde und letztendlich nur noch in der Hecke kauerte.
Wir machten uns am darauffolgenden Sonntag mit Falle, Überlauf und einer Transportbox auf den Weg nach Köln-Vingst. Was wir im Garten hocken sahen verschlug uns gelinde gesagt den Atem: Undeutlich konnte man erkennen, dass es sich um eine Tigerkatze handelte. Die Augen waren dick verschorft und zugeschwollen, Fell und Krusten hingen von Kopf bis Schwanz an dem Tier herunter, der Speichel lief ihm aus dem geschwollen Schnäuzchen. Der gesamten Nacken war eine dicke gelbe Kruste.
Die Melderin sagte, die Katze ließe sich nicht anfassen von ihr, so dass wir zunächst planten, die Katzenfalle aufzustellen aber mit lecker duftendem Thunfisch bewaffnet schaffte ich es, an das Katerchen heranzukommen und er begann zu fressen. Ich überlegte kurz, ob ich einen Nackengriff wagen sollte, denn ich würde dazu komplett in die Wunden und Schorfstellen greifen und ihn sozusagen am Fell hochziehen müssen. Trotzdem ......... die Chance bot sich, vielleicht würde er auch nicht in die Falle gehen, das Risiko war es mir wert und der Schmerz für ihn, derart gefaßt zu werden, würde kurz sein.
Ich gab meinem Lebensgefährten Bescheid, dass ich zugreifen wolle und ignorierte seinen Widerspruch, auch er dachte an die Schmerzen, die der Kater zunächst haben würde. Ich streichelte ihn ein wenig im Nacken und faßte zu. Der arme Kater fauchte auf, wehrte sich aber kaum und Sekunden später war er im Transportkorb. Er machte einen jämmerlichen Eindruck !
Nun ging die Fahrt nach Overath zu Anita Kramm vom Verein „Tiere in Not e.V.“. Sie hatte für Montag eine Fahrt zu einer unserer Tierärztinnen nach Refrath geplant und war bereit unser Katerchen am nächsten Morgen mit dorthin zu nehmen.
Montags wussten wir dann mehr. Es war ein Kater, der nicht nur kastriert, sondern auch tätowiert war. Er wurde von Dr. Schmatz in eine leichte Narkose gelegt, damit seine Wunden ausrasiert und behandelt werden konnten. Zunächst wurde vermutet, dass es eine Autoimmunerkrankung sei und die Wund- und Schorfstellen (also im Prinzip der ganze Kater) mußten gesalbt und gecremt werden, weiterhin war er mit Antibiotika und Cortison versorgt worden.
Die Tätonummer in den Ohren gab uns Hoffnung an die Besitzer zu kommen. Über Tasso erfuhr ich die Adresse der Halterin, kurioserweise in Hürth-Efferen. Auch anhand der Täto-Nummer wußte ich welche Tierärztin in Hürth dieses Katerchen einmal kastriert hatte. Die Besitzerin, so stellte sich heraus, war umgezogen, eine neue Anschrift fand ich zunächst nicht. Eine Tierschützerin, die jedoch immer mit der Tierärztin, die diese Tätonummer vergibt, viel zusammenarbeitet, fuhr am kommenden Tag zu der alten Adresse der Halterin und fand über Gespräche mit den Nachbarn heraus, wohin diese umgezogen war und bekam sogar die neue Rufnummer.
Ich rief die Dame umgehend an und durfte mir folgende „Story“ anhören. Sie und ihr Mann hatten sich getrennt. In ihre neue Wohnung durfte sie das Katerchen, das nun endlich einen Namen, nämlich „Kimba“ hatte und auch ein Alter bekam, nämlich 5 Jahre, nicht mitnehmen, ihr Exmann jedoch versprach „gut“ für ihn zu sorgen und zog mit Kimba nach Köln-Vingst. Sie wußte nicht, dass Kimba entlaufen war und schien zunächst total entsetzt, es war sogar die Rede davon, dass sie ihn trotz Katzenhalteverbot, wieder aufnehmen würde. Ich wurde nun mit der Adresse und Rufnummer des Exmannes versorgt und durfte diesen nun kontaktieren. Langsam beschlicht mich der Verdacht, dass der arme Kater dringend ein neues Zuhause brauchte. Der Exmann bewirtschaftet eine Kneipe in Köln-Vingst, er hatte Kimba bei einer „guten Bekannten“ abgegeben, dort war er vor ca. 8 Wochen wohl entlaufen, wann genau wußte er auch nicht, wie auch - er war ja nicht zugegen gewesen. „Nein - zurücknehmen, das geht nicht“ wurde mir mitgeteilt. Ehrlich gesagt, ich hätte ihn niemals dorthin zurückgebracht.
Kimba im August 2003 nach ca. 3 Monaten Behandlung bei Erna Görtz
Kimba im Oktober 2003
Kimba erholte sich bei Dr. Schmatz ein wenig und es stand an, ihn auf eine Pflegestelle zu übernehmen, so dass sich uns die Frage stellte, wer kann diesen armen höchst pflegebedürftigen Kater aufpäppeln? Irgendwer kam auf die Idee Erna Görtz. zu fragen, die von uns vor einiger Zeit 2 Jungkater übernommen hatte. Erna hat einen kleinen Anbau, mit Küche, Wohnraum und Bad. Dort hätte Kimba Platz und Erna, so waren wir uns sicher, würde ihn gut versorgen. Es bedurfte keiner großen Überredungskunst - Erna nahm Kimba auf. Mittlerweile wussten wir auch durch eine Blutuntersuchung, dass Kimba FIV-positiv ist und diese Erkrankung auch die Heilung sicherlich verzögern würde.
Es wurde eine langwierige Behandlung, die nun folgte: Unsere Dr. Degen übernahm die weitere tierärztliche Betreuung, ein weiterer Bluttest ergab, dass Kimba eine Nahrungsmittelallergie hat und das Katerchen wurde auf Spezialfutter umgestellt. Alle möglichen Salben, Cremes und Puder wurden angewandt, bis Erna die richtigen Mittel gefunden hatte, die zwar sehr sehr langsam aber doch sichtlich halfen.
Kimba bekam zudem einen „Halskragen“, damit er sich nicht ständig die Stellen an Kopf, Gesicht und Hals, die gerade gut zugeheilt waren wieder mit den Hinterpfoten aufkratzte bis das das Blut lief und die Haut in Fetzen hin. Ohne Kragen dufte er nur noch unter Aufsicht herumlaufen und fressen, Ernas Mann schaute inzwischen abends im Anbau fern, nur damit Kimba so oft wie möglich Gesellschaft hatte, was unser Kater sichtlich genoß.
Von seiner ehemaligen Besitzerin hörte ich nur noch, dass sie ihn „leider wirklich nicht“ mehr aufnehmen kann, sein Besitzer verzichtete auch mit blumigen Worten darauf, einen Anspruch auf Herausgabe geltend zu machen. Sie können Kimba nicht sehr geliebt haben!
Kimba wurde sozusagen „Stammgast“ bei Dr. Degen, regelmäßig bekam er Aufbau-/Antibiotika- und Cortisonspritzen, Nachschub an Salben und Puder, sein Spezialfutter, neue Kragen, da er diese gerne „abmontierte“ und jeder nahm Anteil an seinem Schicksal. Unsere Edith Apel übernahm die Tierarztfahrten und ich glaube, sie fuhr die Strecke nach 5 Monaten „im Schlaf“.
Letztendlich durch Ernas Fürsorge, Liebe, Geduld aber auch unermüdliche Konsequenz wurde Kimba gesund.
Der Schorf und die offenen Wunden verschwanden zwar nur langsam, aber .... sie verheilten. Dünne neue Haut und danach langsam der erste Fell-Flaum ließen ahnen, wie schön Kimba wieder werden würde, wenn erst wieder richtiges Fell nachgewachsen ist. Sein zugeschwollenes verschorftes Auge war wieder offen und klar, und die Fetzen, die an ihm herunterhingen fielen nach und nach ab.
Gerne hätte Erna Kimba für immer behalten, jedoch ließen dies ihre eigenen Katerchen nicht zu und auch mit Ernas Hund wollte Kimba eher wenig zu tun haben. Aber ............ Kimba ist umgezogen. Seit Oktober wohnt er bei Ernas Freundin............ und die gibt ihn nie mehr her.
Nachtrag:
Kimba starb im Oktober 2006, es wurde ein Tumor diagnostiziert und dagegen waren wir alle machtlos.